Interview „Papa, bleib mal cremig!“ Wir haben mit unserem scheidenden Vertriebschef Walter Stöcker über bedeutende Erfahrungen wäh- rend seiner Amtszeit gesprochen. Der bisherige Ver- triebschef der Haftpflichtkasse geht nach 15-jähri- ger Betriebszugehörigkeit im Frühjahr 2024 in den Ruhe stand. Lesen Sie, wie der Vater von fünf Söhnen auf Herausforderungen wie einen Cyberangriff und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zurückblickt. Darüber hinaus teilt er wertvolle Branchenerkenntnisse und verrät uns seine Pläne für die Zukunft. Lernen Sie seine Führungswerte und -prinzipien näher kennen sowie seine Überlegungen zur Entwicklung der Versicherungsbranche. ?Herr Stöcker, können Sie uns etwas über Ihren beruflichen Werdegang erzählen und wie Sie zur Position des Vertriebschefs bei der Haftpflichtkasse gekommen sind? Ich arbeitete vorher in München beim Rechtschutzver- sicherer KS / Auxilia, einem Versicherungsunternehmen, das wie die Haftpflichtkasse im Maklermarkt tätig ist. Dadurch konnte ich guten Kontakt zum Vorstand der Haftpflichtkasse aufbauen. Schließlich wechselte ich nach Roßdorf und begann dort am 1. Januar 2009. ?Welche Herausforderungen und Höhepunkte haben Sie während Ihrer Amtszeit als Vertriebs- chef erlebt? Das Prägendste war zweifelsohne der Cyberangriff, der etablierte Prozesse außer Kraft setzte und die Erreichbarkeit beeinträchtigte. Weder funktionierte ein Vergleichsrechner noch war ein Abschluss möglich, was eine große Herausforderung darstellte. Es war beeindruckend, dass wir nach nur zwei Wochen wie- der im Betriebsmodus waren. Ebenso prägend war die Zeit während der Corona-Pandemie. Dadurch erhielt die Branche einen Schub in Richtung Digitalisierung und Mobilität, wodurch mobiles Arbeiten fest etabliert wurde. Vor diesen Ereignissen gab es jedoch bereits Höhepunkte, wie die Produktoffensive in unserer Haus- ratsparte im Jahr 2018. Es war ein Meilenstein, dass wir in nur drei Monaten den Umsatz um das Fünffache steigern konnten. Außerdem haben wir damals mit der Erweiterten Vorsorge für einen „Aufruhr“ in der Branche gesorgt. Das war seinerzeit eine Revolution bei den Leistungsmerkmalen der Privathaftpflicht. 12 BLICKPUNKT 4 | 23 ?Wie hat sich die Branche in den Jahren Ihrer Tätigkeit verändert, und welche Auswirkungen hatte das auf unser Unternehmen? Es gibt viele wichtige Themen, die im Laufe der Zeit aufgekommen sind. Zum Beispiel begann 2006 mit der Vermittlerrichtlinie ein Prozess, der zu einer prägenden Reform führte, die sowohl für unsere Geschäftspartner als auch für uns viel Arbeit mit sich brachte. Ebenso ist der Datenschutz ein entscheidendes Thema. Der Unter- schied in Bezug auf die Daten, die vor 20 Jahren im Vergleich zu heute erhoben wurden, ist enorm. Früher war es einfacher, an benötigte Informationen zu gelan- gen, aber heute ist der Datenschutz strenger, was den Schutz der Privatsphäre fördert. Unternehmen müssen nun besonders darauf achten, welche Daten sie sam- meln und wie sie sie verwenden. ?Welche wichtigen Lektionen oder Erkenntnisse haben Sie aus Ihrer langjährigen Karriere gezo- gen, die Sie gerne teilen würden? Es ist wichtig, nicht jedem Hype zu folgen, sondern abzuwarten und zu beobachten, wie sich Dinge ent- wickeln. In der Ruhe liegt oft die Stärke. Ein Versicherer sollte sich auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich darauf, möglichst viele Anträge zu generieren, diese schnell und korrekt zu policieren sowie ordentlich zu verwalten und die Prämien einzuziehen. Im Schaden- fall sollten Schäden schnell, unbürokratisch und korrekt bearbeitet werden. Diese drei Kernprozesse sind meiner Meinung nach entscheidend für einen Versicherer.